Wir haben 2022 und ich bin leise. Leise, weil ich das in politischer Hinsicht immer schon war. Weil ich zu wenig durchblicke und auch, weil mir ein Stück weit das Interesse fehlt. Es ist bitter, das zuzugeben, aber so ist es. Leider. Die Ursachen dafür beleuchte ich ein anderes Mal.
Jedenfalls kommt Putin und macht Krieg. Und etwas in mir verändert sich. Ich schäme mich, weil ich erst jetzt begreife, dass Krieg wirklich existiert und sich nicht irgendwo fernab in einer Parallelwelt abspielt. Es ist nicht so, dass ich hinterm Mond lebe. Es gab genug Gelegenheiten, weit vor Februar 2022 zu begreifen, was ich erst jetzt begreife. Ich muss ehrlicherweise sagen, dass ich derzeit nicht zuverlässig auf jede meiner Gehirnzellen Zugriff habe. Ich bin totmüde. Bei mir zu Hause tobt ein Dreijähriger mit oskarverdächtigen Wutanfällen. Neben ihm zwei ein-jährige Zwillinge, von denen Tag und Nacht mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit immer mindestens einer brüllt.
Meine Müdigkeit kann vieles entschuldigen. Nicht aber die Tatsache, keinen Widerstand zu leisten. Was ist Widerstand? Die Antwort darauf ist lang. Ich hab mich mit ihr im Rahmen meines Studiums befasst und ich erinnere mich nicht mehr an die Antwort. Heute will ich aber nach meiner eigenen Meinung fragen.
Ich will Frieden. Wo fängt er an und wo hört er auf? Ich bin der tiefen Überzeugung, dass jede und jeder von uns einen ganz persönlichen Beitrag zum Widerstand leisten kann.
Ich denke unaufhörlich an Hannah Arendt. Was würde sie tun? Ich weiß es nicht und habe darüber nachgedacht, ein Essay über sie zu schreiben. Ich hab mich dagegen entschieden. Ich frage nach meinem Widerstand. Er liegt im tiefen Frieden mit mir selbst. Ich will mich verwurzeln mit der Erde.
Wer sagt, dass Widerstand laut sein muss? Er muss deutlich sein, nicht laut.
Ich will dastehen, so felsenfest in mir ruhend und voller Frieden und Liebe, dass es mich selbst erschüttert. Erschüttert im positiven Sinne. Ich will Frieden in mir selbst und damit für jeden einzelnen Menschen, auf den ich treffe. Ich rede von einem inneren Frieden, der unabhängig ist vom Außen und der niemals durch Krieg bedroht werden kann.
Ich bin traurig, erschüttert und so vieles mehr, wie so viele von uns. Ich finde Trost bei Hannah Arendt. Sie ermutigt mich, denn sie spricht von der Banalität des Bösen und der Tiefe des Guten. Ich will auf das Gute blicken, auf den inneren Frieden, der uns durch nichts zu nehmen ist. Ich will ihn rausschicken in die Welt, ihn verteilen und verbreiten.
Aus diesem Grund habe ich diesen Text geschrieben.
Ich danke dir für’s Lesen.